Geliebter sein
In den letzten drei Monaten hat mich Gott an einen Punkt geführt, an dem ich gemerkt habe, dass ich viel über Gott weiß, ihn aber zu wenig kenne. Besonders da, wo ich ihn am meisten brauche: in meiner Bedürftigkeit nach Anerkennung und Bestätigung. Johannes, der “Jünger, den Jesus lieb hatte” (Joh 13,23), wusste nicht nur von Gott, sondern er kannte den Vater durch Jesus auch in seiner Bedürftigkeit. Würde man Johannes fragen: “Wer bist du eigentlich?” oder “Wie empfindest du selbst dich?”, würde er nicht zuerst sagen: “Ich bin ein Apostel oder ein Botschafter mittendrin”, sondern: “Ich bin der, den Jesus lieb hat.” Was ihn ausmacht, ist nicht zuerst das, was er tut oder wie andere ihn sehen, sondern was er zutiefst ist: Ein Geliebter. Bedingungslos. Ausnahmslos. Mit allen Macken und Kanten. Als Jesus ihn in seine Nachfolge ruft, gibt er ihm und seinem Bruder den Spitznamen “Donnersöhne”, weil beide zu übertriebenen und impulsiven Äußerungen neigen. Beide bitten Jesus darum, ihnen einen Platz im Himmel an seiner Seite schon mal zu reservieren (Mk 10,37) und provozieren damit einen Streit unter den Jüngern (Mk 10,41). Mehr Hunger nach Macht und Anerkennung geht wohl nicht. Aber Jesus liebt Johannes trotzdem weiter. Johannes lässt Jesus an seine Bedürftigkeit ran. Wir lesen wie er “bei Tisch an der Brust Jesu” liegt (Joh 13, 23). Während er das tut, lauscht er seinem Herzschlag. Er erkennt Jesus in einer Weise, die alles verstandesmäßige Wissen übersteigt. In der Gegenwart von Jesus findet er zu seiner wahren Berufung: Ein Geliebter zu sein, komme was wolle. Seine Botschaft ist: “Seht wie groß die Liebe ist, die uns der Vater erwiesen hat: Kinder Gottes dürfen wir uns nennen, und wir sind es tatsächlich!” (1. Joh 3,1).
Wo spürst du, dass du besonders bedürftig bist? Dann lass Jesus ran während du an “seiner Brust liegst”. Lass dich von Jesus in deiner Bedürftigkeit lieben und teile mit anderen, wo der Vater bei dir am Werk ist. Das ist unsere authentischste Botschaft.